Dienstag, 29. September 2015

Kafkas Prag


Wohl kein zweiter Schriftsteller wird so stark mit Prag in Verbindung gebracht wie Franz Kafka. Dies mag unter anderem daran liegen, dass Kafka seine Geburtsstadt kaum verließ, sie also sozusagen so eng mit seinem Werk und seinem Schreiben verbunden ist, dass es sich lohnt seine Beziehung zu ihr und die Beeinflussung durch sie zu entwirren.

Weder ging Kafka also auf weite Reisen, noch entsprang der größte Teil seiner Inspiration Begegnungen mit anderen bedeutenden Zeitgenossen seiner Zeit, wie beispielsweise Rilke.

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren und wurde eben dort mit nur 41 Jahren auf dem Straschnitzer Friedhof beerdigt.

Den großen Zwiespalt seines Lebens, dem er in den meisten seiner "kafkaesken" Werke Ausdruck verlieh, bestand aus seiner Arbeit als Jurist und seinem anschließend oft nächtlichen "Gekritzel", welches er als "einziges Verlangen" bezeichnete.

Das Besondere im Falle Kafkas ist, dass er die Erhebung seiner Werke zur Weltliteratur nie erleben sollte. Erst 1950 nämlich kam sein Werk nach Deutschland. Diese "späte Anerkennung" seiner Werke lässt sich vor allem den Geschehnissen der Jahre 1933 bis 1945 zuschreiben.

Anfang der 30er Jahre wurden viele Manuskripte Kafkas bei einer Untersuchung der Freundin der letzten Lebensjahre, Dora Diamant, von der Gestapo beschlagnahmt und die 1935 begonnene Gesamtausgabe dieser Manuskripte verboten.
Viele "Zeugen seines Lebens wurden getötet". So wurden alle drei Schwestern Kafkas in Konzentrationslager deportiert und ermordet.




Die hiermit eröffnete Kafka-Reihe  "Kafkas Prag" soll das Leben dieses Prager Juden und seine Beziehung zu Prag beleuchten, denn viele Stationen seines Lebens sind in Prag noch heute erhalten, da Prag eine vom Krieg nahezu verschont gebliebene Stadt ist.

So habe ich vor, diese Stationen zu erkunden, von seinem Geburtshaus am Franz-Kafka-Platz, über die juristische Fakultät der Karls-Universität, in der Kafka von 1901 bis 1906 studierte, bis hin zu seinem Familiengrab auf dem jüdischen Friedhof.

Für mich war das Kafka-Museum direkt an der Moldau der erste Anlaufpunkt. Ein Museum so verwirrend wie Kafka selbst. Dunkel - mystisch, ja fast angsteinflößend. 
Für jeden Pragbesucher und Kafkaliebhaber stark zu empfehlen.

Vor dem Kafka-Museum am Moldauufer

Ksenia

Wagenbach, K.: Kafka. Hamburg 1964.

Montag, 21. September 2015

Die Stadt zeigt sich von ihrer besten Seite

Es ist bemerkenswert, wie sehr man sich auch bei völliger Übermüdung und Erschöpfung jede Minute aufs Neue in diese Stadt  verlieben kann. Die Ankunft in Prag und die ersten Tage werde ich so schnell wohl nicht vergessen.

Ich bin inspiriert, neugierig und würde am liebsten den ganzen Tag nur spazieren, um alle kleinen Ecken und versteckten romantischen Gassen zu entdecken. Andererseits liebe ich meine neue Altbauwohnung mit den hohen Decken und dem knartschenden Fischgrätenparkett, so dass ich mich hier drin genauso gut verschanzen und den Ausblick auf die wunderschönen mit Stuck verzierten Fassaden der alten Häuser geniessen könnte.

Wenn man in eine neue Stadt zieht und dazu noch in eine solche, die ein Anziehungspunkt zahlreicher Urlauber und Touristen ist, wundert man sich, dass man wirklich 10 Monate hier bleiben wird und es Alltag werden soll, über die Jiraskuv Brücke, am Tanzenden Haus vorbei, das Moldauufer entlang und das Nationaltheater kreuzend zu flanieren, um 10 Minuten später zu der Fakultät für Sozialwissenschaften zu gelangen.


Jiruskav Brücke mit dem Tanzenden Haus rechts


In den ersten Tagen in Prag lernte ich bereits sehr viele neue Leute kennen, allen voran meine drei Mitbewohner aus Frankreich und Belgien.
Soviel ist sicher: Wenn ich an der tschechischen Sprache verzweifeln sollte, kehre ich zumindest mit soliden Französischkenntnissen heim.



Und so strecke ich mein Gesicht der Sonne über Prag entgegen und freue mich auf die bevorstehende Orientierungswoche und mich ein zweites Mal wie ein "Ersti" fühlen zu dürfen.


Ausblick von der Prager Burg auf die Stadt


Ksenia




Samstag, 12. September 2015

Ein Abschied. Ein Neubeginn.

"Aber lass doch Deutschland in Deutschland. Hier wirst du jemand anders sein oder jemand anders werden."

Mein Abenteuer beginnt. Eine neue Herausforderung. Ein neues Kapitel. Alles geht sehr schnell. Hastige Abschiede. Zwei Jahre Münster. Zehn Monate Prag.

Es beginnt ein Aufenthalt, den ich mir lange herbeigesehnt habe. Für den ich unzählige Formulare, Vordrucke und Dokumente ausgefüllt habe.

Ein Semester vollgepackt mit Gedanken an Auslandsbafög, WG-Suche, "Tschechisch-Lernen-und-nebenbei-Latein-schaffen" geht nun zu Ende.

Aber jetzt ist der Tag endlich da, an dem es heißt: Abschiednehmen von gewohntem Terrain. Vom freundlichen "Guten Morgen" in der Bäckerei gegenüber und dem Schuhkartonstudentenwohnheim. Abschiednehmen von den besten Freunden, der Familie, den liebgewonnen Kommilitonen. Und auch vom gemütlich-geplanten Studiumsverlauf.


Was mich in Prag erwartet, weiß ich nicht genau und wahrscheinlich sollte ich es einfach auf mich zukommen lassen. Es kommt schließlich bekanntermaßen alles doch ganz anders als ich denke.

Dieser Blog soll die kommenden zehn Monate auf der einen Seite dokumentieren, um für mich als Andenken und als stetiges "Hallo-Ich-lebe-noch" zu fungieren. Auf der anderen Seite möchte ich versuchen, dadurch das gewisse Praggefühl auch über weite Distanzen lebendig zu machen, das mich zu der Entscheidung für diese einmalige Stadt brachte.

In dieser wunderschönen, geschichtsträchtigen Stadt, die auf wundersame Weise ihren eimaligen urigen Charme bewahrt, mit ihrer vielfältigen Kunst-, Musik- und Literaturszene, ihren verwinkelten Gassen, den Kellerbars und ihrer Ruhe, obwohl sie ständig in Bewegung zu sein scheint, hoffe ich auf eine unvergessliche Zeit.


Ksenia