Mittwoch, 16. Dezember 2015

Weihnachten in Prag. Oder - Wie ein Schuh zum Orakel wird.

Es gibt eine Zeit im Jahr, da werden die einen besinnlich und die anderen depressiv.
Massen mit Paradiesäpfeln in den Mündern, Einkaufstüten in den Händen, Tannenbäumen auf der Schulter und Glühwein an den Lippen (wahlweise auch mit zuckersüßem Honigwein) stürmen durch die Gassen der Städte, zusammengedrängt und doch mit strahlender Freude oder eben gnadenloser Anstrengung in den Augen.

Obwohl das Auswertige Amt von fast 80 % Tschechen ausgeht, die ohne religiöse Bekenntnis sind, geht die Weihnachtszeit auch in Prag nicht spurlos an den Menschen vorüber. Die Frage nach einem noch aktuellen Zusammenhang zwischen Religiosität und dem Feiern von Weihnachten soll hier an dieser Stelle aber sowieso keine Rolle spielen.

Im Folgenden möchte ich 3 Bräuche aufgreifen, die mir hier begegnet sind, die die Tschechen über die Weihnachts- und Neujahrstage so pflegen und die mal eine Abwechslung zum klassischen Bleigießen (in Tschechien auch sehr beliebt) oder Raclette wären. Natürlich ist jede Familie anders, für viele spielen diese Bräuche und Traditionen überhaupt keine Rolle, aber trotzdem ist es ganz amüsant zu sehen, was beliebt ist. 





1. Die Zukunft "in a nutshell"


Man nehme Walnüsse und eine Schüssel mit Wasser (oder eine Badewanne in der Luxusvariante). Jetzt werden die Walnüsse vorsichtig geleert ohne die Schale zu zerbrechen und eine kleine Geburtstagskerze mit eigenem heißen Wachs darin werden darin platziert. Anschließend zündet man die Kerze an und lässt sie ganz vorsichtig in die Mitte der mit Wasser gefüllten Schüssel nieder. Jetzt nur noch beobachten was passiert, um somit "in die Zukunft" zu sehen.
Es gibt viele Interpretationen: die einen sagen, man stirbt, wenn die Schale sogleich sinkt (viele Bräuche sind kurioserweise mit dem Tod verbunden), andere sprechen von anderem großen Unglück, was einem in diesem Falle widerfährt. Treibt die Schale davon und nähert sich nicht den Schalen der anderen, wird man weit reisen, so sagen die einen oder wird ein langes und glückliches Leben führen, so die anderen. Ich bin mir sicher, dass sich meine Zukunftsvorschau erfüllen wird.


           


Die Walnussschale wird vorsichtig zu Wasser gelassen.
Mein "Böötchen ist das  mit der grünen Kerze oben rechts. Wohin wirds wohl als nächstes gehen?




2. Tod oder Leben? Ein Apfel zeigt es.


Ein weiterer recht simpler Brauch, der leicht nachzumachen ist und nicht viel Außergewöhnliches benötigt, ist das Apfelschnitzen. Nach dem Essen an Weihnachten werden hierzu ganz normale Äpfel in der Mitte, allerdings horizontal, aufgeschnitten. Ist das Kerngehäuse im Mittleren des Apfels sternförmig, wird es im nächsten Jahr viel Glück und Gesundheit geben. Zeichnet sich dort jedoch ein Kreuz ab, so ist dies ein böses Omen und man wird krank oder stirbt im nächsten Jahr sogar. Süße Idee, aber warum denn solch radikalen Vorhersagen?

Das Innere meiner Apfelhälfte ist ja wohl eindeutig sternenförmig, oder?



3. Brautstrauß   ehh... Schuhwerfen


Der dritte Brauch den ich kennengelernt habe, zeugt von der anscheinend großen Lust junger tschechischer Mädchen (oder ihrer Familien) zu heiraten, denn anscheinend gibt es einige Bräuche, die die eheliche Zukunft der Töchter voraussagen soll.
Dabei muss es gar nicht das uns bekannte Brautstraußwerfen sein, was mich so ein bisschen an diese Tradition erinnert. Ein herkömmlicher Schuh tut es auch. 
Eine nicht verheiratete Frau nach der Anderen stellt sich mit dem Rücken zu einer Tür, nimmt einen Schuh und wirft selbigen über ihre Schulter Richtung Tür. Zeigt dieser mit der Spitze zur Tür, klingeln im nächsten Jahr für sie die Hochzeitsglocken, richtet sich die Spitze des Schuhs dagegen von der Tür weg oder zeigt in eine andere Richtung muss die Frau leider noch ein bisschen warten. Das Aufatmen der Männer dürfte sowohl beim Brautstraußwerfen, als auch beim Schuhwerfen sehr ähnlich sein.


Nächstes Jahr darf ich wohl an der Hochzeit meiner finnischen Freundin Elina teilnehmen.Mein Schuhwurf dagegen indizierte mir, dass ich noch etwas Zeit habe.




Es gibt natürlich noch Unmengen an weiteren Traditionen. Manchen Tschechen, sind aber auch die oben genannten Bräuche garnicht bekannt. Ich fand es schön, diese mal kennenzulernen und werde sie mit meinen Freunden an Silvester in Prag ausprobieren.
So neigt sich 2015 auch schon, wenn auch langsam, dem Ende zu. Die ersten Klausuren sind geschrieben, die Koffer bald gepackt und es geht für mich über die Feiertage zurück in die Heimat. Ich freue mich schon riesig alle wiederzusehen, aber auch wieder herzukommen und Silvester in dieser tollen Stadt zu verbringen. 


Ksenia




















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